Der Prignitzer vom 29.10.2012
Das Bw-Gelände lebt
Wittenberger Eisenbahnmuseum neueröffnet
von Hanno TaufenbachGroßer Andrang am ersten Wochenende im neu eröffneten Wittenberger Eisenbahnmuseum. Zu den Höhepunkten zählten für die Besucher Fahrten mit der 87-jährigen Dampflok Emma.
Wittenberge Emma schnaubt, pfeift, qualmt. Pausenlos fährt die kleine Dampflok mit ihren Gästen auf dem Bw-Gelände in Wittenberge. Derweil schauen ihre großen, schwarzen Schwestern aus den Türen des Ringlokschuppens. Sie sind heute nicht im Einsatz. "Wir fangen klein an", sagt Dirk Endisch, zweiter Vorsitzender des Salzwedeler Dampflokvereins. Sein Blick schweift über das Gelände, über die funktionstüchtige Drehscheibe, hinüber zum Sanitätszug und zur Draisine. Seit Freitag ist sein Verein hier offiziell zu Hause, hat Salzwedel verlassen. Zusammen mit dem Verein Historischer Lokschuppen betreiben die Enthusiasten das neu eröffnete Eisenbahnmuseum.
Klar fragen Besucher, ob und wann eine von den imposanten und knapp 23 Meter langen Dampfloks der Baureihen 50 und 50.35 fahren wird. Endisch muss vertrösten und bittet um Geduld. Der Umzug hat Zeit und Kraft gekostet. "Manche unserer Männer sind das vierte Wochenende hintereinander im Einsatz", sagt er. Sonnabend sei zwar erst ab 10 Uhr geöffnet worden, aber die ersten Vereinsmitglieder waren kurz nach 5 Uhr schon hier.
Dampfloks müssen bis zu zwölf Stunden vorgeheizt werden, ständig unter Dampf stehen. Züge sind zusammenzustellen, Schaustücke wie die kalten Loks der Baureihe 50 müssen aus dem Schuppen gezogen werden. Alles braucht seine Zeit und kostet Geld, viel Geld. Eine Tonne Steinkohle beispielsweise 270 Euro. "Wenn wir mit der 50.35 ein Wochenende fahren, brauchen wir zehn Tonnen, alleine zwei Tonnen zum Anheizen", erklärt Dirk Endisch. Strom, Gas, Wasser, Reparaturen - "wir betreiben kein reines Hobby, wir müssen auch betriebswirtschaftlich denken", so Endisch. Deshalb kassiert der Verein Eintritt, wie im Übrigen jedes andere Museum auch.
Loks der 50er Reihe werden nicht fahren, sie sind nicht zugelassen. Eine Aufarbeitung würde mehrere hunderttausend Euro kosten. Zu viel für den 70 Mitglieder zählenden Verein. Aber die identisch aussehende 35.70 ist betriebsfähig. "Wir müssen Personal ausbilden, Strecken planen und schauen, welche Fahrtmöglichkeiten es von Wittenberge aus gibt." Außerdem sei die Werkstatt noch nicht vollständig eingerichtet, fehlen ein Kohle-Lagerplatz und diverse Rangierloks. "Wir arbeiten hier noch behelfsmäßig", sagt Endisch.
Das Museum hat jetzt immer sonnabends geöffnet, können Diesel- und Dampfloks besichtigt werden. Nicht weniger interessant sind die Wagen des Katastrophenzuges, darunter ein Operationswagen. Oder der Autotransportwagen aus dem Regierungszug der DDR. Darin konnten Staatskarossen transportiert werden, erzählt Wolfgang Hetze, der als früherer Eisenbahner und heutiges Mitglied des Wittenberger Vereins manche Anekdote kennt.
Die Besucherresonanz am Wochenende ist vielversprechend. Die beiden Vereine sind zufrieden. Und wer von weiter her gekommen ist, hat es nicht bereut, so wie die Berliner Uwe Haucke und Peter Zahnow. "Wir waren 2002 hier, da gab es nur Schrott. Im vergangenen Jahr sahen wir zufällig, dass hier gebaut wird und haben das weiter verfolgt." Als Lehrling sei Haucke auch im Wittenberger Bw gewesen. "Ich freue mich, dass die Anlage saniert werden konnte. Was wir hier sehen, ist uns viele Fotos wert."
Das Fahren mit der Draisine hat den Besuchern Spaß gemacht. |
Ehrenamtlich im Einsatz: Kamerad Martin Beye sorgt beim Wasser für Nachschub. |
Lokführer Gernot Gattermann überprüft den Wasserstand bei der Lok Emma. Regelmäßig musste nachgefüllt werden. |
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