Der Prignitzer vom 14.09.2018
"Emma" geht, "Gartenlaube" ist da
Älteste Wittenberger Museumslok reist zur Messe nach Berlin.
von Reik AntonWittenberge Vorsichtig setzt der Tieflader zurück, der Fahrer schaut hier, dort, bremst ab. Dann steigt er aus und legt den Zollstock an. "Es ist Millimeterarbeit", sagt Dirk Endisch vom Lokschuppen-Verein. Wenn "Emma" verreist, ist das nicht so einfach. Immerhin wiegt sie gut 30 Tonnen. Außerdem ist sie etwas Besonderes: die älteste Museums-Dampflok Wittenberges.
Am Donnerstag machte sie sich auf den Weg nach Berlin. Es wird nicht ihr erster Auftritt bei der Messe "Innotrans". Dort dient "Emma" als Werbeträgerin für ihren Besitzer, die Hermann Wiebe Holding GmbH. Die Firma hat die aus dem Jahr 1925 stammende Lok dem hiesigen Museum geliehen. Bei der Messe werden Besucher auch in "Emmas" Führerhaus mitfahren dürfen, denn betriebstüchtig ist die betagte Dame.
Während die älteste Lok des Museums bis zum 29. September unterwegs ist, freuen sich die Lokfreunde über einen Neuzugang. Anfang September traf per Tieflader die Diesellok 102 172 als neues Exponat im Historischen Lokschuppen ein. Die Maschine gehört zur Baureihe 1021 der Deutschen Reichsbahn (DR), die mehr als 25 Jahre im Bw Wittenberge im Einsatz war.
Ende der 1960er Jahre benötigte die DR moderne Dieselloks für den leichten Rangier- und Streckendienst. "Die Lok steht schon seit einiger Zeit auf unserer Wunschliste", sagt Dirk Endisch. "Das Bahnwerk Wittenberge erhielt im Herbst 1970 insgesamt sechs fabrikneue Maschinen der Baureihe 1021. Die kleinen Dieselloks wurden hier nicht nur im leichten Rangier- und Bauzugdienst eingesetzt, sondern bespannten auch Personen- und Güterzüge auf der als ,Kreisringbahn’ bekannten Strecke Perleberg-Karstädt-Berge-Perleberg. Erst am 28. Februar 1997 wurden die letzten drei Loks aus Wittenberge abgezogen." Die Ausgabe, die nun im Lokschuppen ein Zuhause hat, stammt aus dem Jahr 1970. In Zusammenarbeit mit dem VEB Lokomotivbau "Karl Marx" Babelsberg (LKM) entstand damals diese 220 PS starke Diesellok, die zunächst die Typen-Bezeichnung V 231 erhielt. Die orangefarbene Lackierung und die kantige Form brachten den Dieselloks der Baureihe 1021 den Spitznamen "Gartenlaube" ein. In einigen Bahnbetriebswerken wurden die Maschinen auch als "Postkasten" bezeichnet.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Maschinen, die seit dem 1. Januar 1992 als Baureihe 3121 bezeichnet wurden, erheblich an Bedeutung verloren. Bereits 1994 hatte die Deutsche Bahn AG (DB AG) mit der Ausmusterung der kleinen Dieselloks begonnen. Die letzten Exemplare hatten schließlich im November 2001 ausgedient. Die Diesellok 102 172 wurde 1970 mit der Fabrik-Nummer 265 072 in Babelsberg gebaut. Nach der Endabnahme am 31. Oktober 1970 wurde die Maschine dem Bw Reichenbach (Vogtland) zugewiesen. Dort wurde die Baureihe 1021 unter anderem von den Einsatzstellen Adorf, Falkenstein und Werdau für den Rangierdienst benötigt. Abgesehen von einem kurzen Gastspiel in Zwickau in den Jahren 1994/95 war die Maschine ausschließlich in Reichenbach (Vogtland) stationiert. Ende 2017 erwarb schließlich die Salzland Rail Service GmbH die Diesellok und ließ sie nun nach Wittenberge bringen. "102 172 ist derzeit nur fahrfähig, eine betriebsfähige Instandsetzung ist aber geplant. Wie lange das dauert, kann ich derzeit nicht sagen", so Dirk Endisch.
"Emma" wartet darauf, auf den Tieflader gezogen zu werden. |
"Gartenlaube" lautet der Spitzname der Diesellok 102 172. |
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